"Wenn die Reform der Krankenhausfinanzierung das Gesundheitssystem zukunftsfest machen will, muss sie die wohnortnahe Versorgung sichern. Das kann nur gelingen, wenn sie die Bedarfsplanung in den Regionen belässt und die Trägervielfalt gewährleistet." Nur so, betont jetzt Augsburgs Diözesan-Caritasdirektor Domkapitular Dr. Andreas Magg, könnten nach Einschätzung der Caritas die Erfordernisse einer "Medizin für die Menschen" erfüllt werden. Die von der Expertenkommission des Bundesgesundheitsministers vorgeschlagenen Empfehlungen dürften nicht Gesetz werden. Im gleichen Sinn hat sich erst kürzlich der Deutsche Caritasverband an die Öffentlichkeit gewandt.
Dr. Magg, der im Bistum Augsburg für den Bereich Soziales als Hauptabteilungsleiter verantwortlich ist, stellt sich nicht gegen Reformen. "Sie sind im Gesundheitswesen notwendig, aber sie dürfen nicht zu wilden Einschnitten in die Krankenhauslandschaft führen. Amputationen leistungsfähiger Kliniken, die für die lebensweltnahe Gesundheitsversorgung von Kindern, alten Menschen, von Notfallpatienten und Schwangeren dringend benötigt werden, dürfen wir nicht zulassen."
Auch Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes und Vorstandsmitglied des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands, hatte die Reformpläne kritisiert. "Die Umsetzung der im Dezember 2022 vorgelegten Vorschläge der Regierungskommission würden zu einer deutlichen Verknappung genau jener Angebote führen, die sich in der Corona-Krise als unverzichtbar erwiesen haben," so Welskop-Deffaa.
Aus Sicht der verbandlichen Caritas würde dies für die Patientinnen und Patienten lange Wartezeiten, beschwerliche Wege und eine unvertretbare Ausdünnung der Versorgungsstrukturen nach sich ziehen. "Besonders betroffen wären davon Menschen mit geringer Mobilität, mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen", so der Augsburger Diözesan-Caritasdirektor. Auch Einrichtungen der Behindertenhilfe bekämen Probleme, da ihre Klient*innen besonders auf die medizinische Versorgung der Krankenhäuser vor Ort angewiesen sind, mit denen die Einrichtungen Kooperationsverträge haben.
"Die Krankenhausreform muss die stationäre Akutmedizin mit der ambulanten Versorgung, der Langzeitpflege und weiteren Bereichen der Gesundheitsversorgung wie der Behindertenhilfe oder der Rehabilitation zusammendenken. Nur dann wird eine konsequente Orientierung am Wohl der Patientinnen und Patienten gelingen," so die Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa und der Augsburger Diözesan-Caritasdirektor.
Freigemeinnützige Einrichtungen in Gefahr
Würden die Reformpläne der Regierungskommission in ihrer bisherigen Form umgesetzt, wären freigemeinnützige Einrichtungen besonders in ihrer Existenz bedroht. "Die freigemeinnützigen Kliniken arbeiten oft in Versorgungsverbünden zusammen und verfügen über eine ausgeprägte Spezialisierung", gibt Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland (kkvd), zu bedenken. "Diese Einrichtungen wären durch eine Leistungskonzentration an zentralisierten Großkliniken gefährdet. Auch ihre Hospize oder Angebote zur palliativmedizinischen und geriatrischen Versorgung wären mittelbar betroffen. Wir brauchen eine sinnvolle Aufgaben- und Ressourcenteilung zwischen Kliniken mit Schwerpunkt auf Forschung und besonders komplexe Behandlungssituation einerseits und Krankenhäusern mit Fokus auf eine qualitativ hochwertige Grund- und Regelversorgung andererseits".
Gefährdet wäre damit auch das Prinzip der Trägervielfalt, das im Gesundheitswesen für einen gesunden Wettbewerb sorgt. "Die von Minister Lauterbach angekündigte Überarbeitung des Konzepts muss deutlich andere Akzente setzen. Es ist wichtig, dass die Versorgungsstrukturen auch künftig in den Regionen geplant und ausgestaltet werden. Nur dann können sie am Bedarf der Menschen orientiert werden. Den Ländern und Regionen ein bundeseinheitliches Strukturmodell überzustülpen, wäre hingegen ein schwerer Fehler", so Rümmelin abschließend.
Hintergrund
Nachdem die "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" Empfehlungen für eine Reform der Krankenhauslandschaft ausgearbeitet hat, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch vor der parlamentarischen Sommerpause gemeinsam mit den Ländern einen Gesetzentwurf vorlegen.