„Coole“ Performance von Lehrer mit Down-Syndrom
Tobias Wolf (2.v.re.), Deutschlands erster Lehrer mit Down-Syndrom, beeindruckte beim Fachgespräch zur schulischen Inklusion. Mit im Bild Bertin Abbenhues (li.) und Irmgard Badura.Michael Vogl
"Cool it down" heißt der Song, den er an diesem Freitagnachmittag seinen Zuschauern zum Besten geben will. Zum Podiumsgespräch über schulische Inklusion hat der Lehrer mit Down-Syndrom ohnehin nur eines zu sagen: "Mir macht es sehr viel Spaß, den Kindern Englisch zu lernen und auch den Kindern macht es viel Spaß." Damit wäre eigentlich alles gesagt, wenn, ja wenn es mehr Lehrer wie Tobias Wolf gäbe, die mit einer sichtbaren Behinderung vor einer Klasse stehen. Doch Tobias Wolf ist der einzige Lehrer mit Down-Syndrom in ganz Bayern.
Genau deshalb ist es wichtig, dass sich Menschen wie Bertin Abbenhues von der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg und Irmgard Badura, Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Menschen mit Behinderung, des Themas "schulische Inklusion" annehmen. Dazu gab es dann auch das Fachgespräch "Gute Bildung für alle" auf der Caritas-Bühne. Die zentrale Forderung, die Irmgard Badura seit Jahren auf die Zielgerade bringen will, lautet: "Alle Kinder sollen zumindest die ersten vier Schuljahre gemeinsam in eine Schule gehen - egal ob behindert oder nicht." Die jeweilige Schule müsse für alle Kinder aus ihrem Sprengel zuständig sein. Bertin Abbenhues geht das schon einen Schritt zu weit: "Ich halte nichts davon, dass man in den nächsten Jahren alle Förderschulen abschafft." Aber auch er macht sich stark für Inklusion: Beispiele wie das der St.-Wolfgangschule in Straubing, wo in einem Förderzentrum vier reguläre Grundschulklassen integriert sind, seien der Beweis, dass Inklusion machbar sei: "Zumindest in den ersten beiden Jahrgangsstufen werden 60 bis 80 Prozent des Unterrichts gemeinsam gemacht."
Ab der dritten Klasse werde es schwierig, so Abbenhues. Dann meldeten sich zunehmend die Eltern der nicht-behinderten Schüler, die fordern, dass zumindest die Hauptfächer getrennt unterrichtet werden. Sie haben Angst, ihr Kind bekomme sonst Probleme mit dem Übertritt ans Gymnasium. Trotzdem ist gerade Badura überzeugt: "Die Gesellschaft ist bei der Inklusion schon weiter, als die Politik."
Tobias Wolf hat diese Erfahrung zumindest mit der amerikanischen Gesellschaft gemacht. Zwei Jahre lang ging er auf Vashon Island, einer Insel vor Seattle, auf die Highschool, spielte dort in der Schulband, legte als DJ auf, moderierte Radiosendungen und machte sein US-Diplom. Davon profitieren nun die Schüler der Montessori-Schule Biberkor, die mit englischen Liedern wie "Apples and bananas" oder "I’m in the mood" spielerisch an eine fremde Sprache herangeführt werden. Sie wird ihnen umso eingängiger, wenn Tobias Wolf die Liedtexte mit anschaulichen Gesten untermalt. "Herr Wolf und ich, wir sind eine Bereicherung für Sie", sagte die fast blinde Irmgard Badura am Ende des Gesprächs - was Tobias Wolf mit seiner Performance zu "Cool it down" eindrucksvoll unter Beweis stellte. Da rockte die Bühne wieder - und das Publikum gleich mit. Dass zeitgleich Angela Merkel im Caritas-Dorf vorbeischaute, bekamen die Zuschauer zwar mit, verließen deshalb aber nicht ihre Plätze vor der Bühne. Ein starkes Signal: Inklusion geht eben tatsächlich alle an.