Weg zur familienfreundlichen Unternehmenskultur?
Katholikentag 2014, Samstag Nachmittag auf der Caritas-Bühne und im Caritas-Dorf. Gabi Schönberger, Caritas Regensburg
"Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft, wir müssen sie unbedingt schützen", sagte Diözesan-Caritasdirektor Dr. Roland Batz. Und: "Die Last der Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt zu großen Teilen auf den Schultern der Frauen." Deshalb diskutierten mit ihm in der Runde Gabriele Anderlik, Geschäftsführerin der Arbeitsagentur Regensburg, Emilia Müller, Bayerische Sozial- und Familienministerin, sowie Dr. Hermann Scheuerer-Englisch, Erziehungsberater, über Themen wie flexible Arbeitszeitmodelle, Kitaplätze und familienfreundliche Unternehmenskultur.
Dr. Hermann Scheuerer-Englisch stellte ganz klar heraus, dass in den einzelnen Familien mit der Familienwährung "Zeit" aus verschiedensten Gründen ganz unterschiedlich umgegangen werde. Eines sei aber bei allen gleich: "Je mehr Druck insgesamt auf den Erwachsenen lastet, desto schlechter ist es für die Kinder." Deshalb forderte er größtmögliche Flexibilität von Seiten der Arbeitgeber, wie auch des Betreuungspersonals etwa in Kindertagesstätten: "Bei Krankheit eines Kindes oder einer Familienkrise braucht man hier Verständnis."
Dass das zunehmend auch die Unternehmen erkennen, bestätigte Gabriele Anderlik, Geschäftsführerin der Arbeitsagentur Regensburg: "Die Braut Unternehmen muss sich inzwischen schon ein bisschen aufhübschen, um bei gut ausgebildeten Fachkräften überhaupt zum Zuge zu kommen", sagte sie. Home-Office oder Tele-Arbeit seien Möglichkeiten von Seiten der Arbeitgeber, um etwa Müttern von Kleinkindern mehr Flexibilität einzuräumen.
Gute Erfahrungen hat damit Emilia Müller als Chefin des bayerischen Sozial- und Familienministeriums gemacht: "Bei uns wurde erst neulich eine Frau, die 70 Prozent Teilzeit vom Home-Office aus arbeitet, zur Abteilungsleiterin gemacht. Da gab es einige Widerstände, aber es klappt wunderbar." Müller selbst hat als Mutter zweier mittlerweile erwachsener Söhne eine Familienpause von 13 Jahren (1975-1988) eingelegt, bevor sie wieder in ihren Beruf als Chemotechnikerin einstieg. Etwas, das zu jener Zeit an der Tagesordnung war, heute jedoch für den Großteil der Frauen völlig undenkbar ist. "Heute pausieren die meisten ein, allenfalls zwei Jahre, dann gehen sie wieder in den Beruf zurück", sagte Gabriele Anderlik. "Wir müssen gucken, dass wir den Rahmen drum herum hinbekommen."
Als wichtigen Schritt in diese Richtung nannte Emilia Müller den seit 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz auch für unter dreijährige Kinder. Dass dafür in Großstädten wie München und Nürnberg zwar noch die Kapazitäten aufgrund Personalmangels fehlten, räumte sie ein. Eine Kindergarten-Leiterin im Publikum sprach dieses Problem offen an; der Personalschlüssel sei in vielen Fällen unzureichend, zumal bei vielen Familie die Kita inzwischen nicht mehr Erziehungsergänzung sei, sondern vielmehr Ersatz, da die Kinder oft den ganzen Tag bis zu zehn Stunden in der Einrichtung untergebracht seien.
Aus dem Publikum kam auch die Feststellung, dass der Arbeitsplatz "Familie" von der Gesellschaft viel zu wenig gewürdigt werde. Hier nannte Staatsministerin Müller das Betreuungsgeld als einen Schritt in die richtige Richtung: "72 Prozent aller Antragsberechtigten stellen auch einen Antrag auf Betreuungsgeld. Es ist also ein Erfolg", unterstrich Müller.
Als "Hausherrn der Bühne" fiel es Diözesan-Caritasdirektor Dr. Roland Batz zu, mit einem Schluss-Statement die Diskussion abzurunden: "Ich denke, dass sich in Zukunft nur noch der Unternehmer am Markt behaupten kann, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich macht."